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Juche-Rakete-redux: Nordkoreas Unha-3 besteht weitgehend aus nordkoreanischen Teilen — Warum ein näherer Blick trotzdem lohnt.

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Kurz möchte ich euch von der Analyse der Teile der nordkoreanischen Unha-3 Rakete berichten, die die südkoreanischen Behörden bergen und analysieren konnte. Die Rakete hatte im Dezember erstmals (auch wenn die nordkoreanische Propaganda da anderes behauptet) erfolgreich einen nordkoreanischen Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht, was einen großen Erfolg für das nordkoreanische Raketenprogramm und damit für das Regime in Pjöngjang bedeutete (zumindest ein Bereich in dem man weiter ist als der Süden). Für diesen Erfolg interessierte man sich natürlich auch in Seoul und andernorts und sammelte deshalb fleißig den Schrott ein, der vor der südkoreanischen Küste trieb. Es gibt einige recht detaillierte und recht spannende Analysen, die aus dem Schrott Rückschlüsse über das nordkoreanische Raketenprogramm ziehen. Da ich aber im Gegensatz zu den Autoren weder im Waffenkontrollgewerbe noch in der Raketentechnik unterwegs bin, solltet ihr euch für nähere Infos vertrauensvoll bei Arms Control Wonk [1] [2] und auf All Things Nuclear umsehen (und vergesst nicht die Diskussionen unter dem Artikel anzugucken. Die sind gerade auf solchen Fachblogs immer unglaublich spannend und bereichernd).

Ähnliche Analysen wie dort dürften auch in der südkoreanischen Agency for Defense Development abgelaufen sein und die wurden jetzt für die Medien und Laien wie mich in verständliche Sprache übersetzt und lieferten durchaus spannende Ergebnisse. Leider habe ich den Bericht an sich nicht finden können, sondern nur das, was die südkoreanischen Medien daraus gemacht haben, aber auch das ist schon spannend. Denn tatsächlich scheint die Rakete weitgehend aus nordkoreanischen Teilen zusammengesetzt zu sein. Was die Technologie angeht weiß man ja, dass verschiedene weiterentwickelte Komponenten ausländischer Raketen (z.B. der russischen Scud, die die Nordkoreaner irgendwann vor Ewigkeiten (weiß nicht mehr genau aber ich glaube in den 70ern oder 80ern des letzten Jahrhunderts) bekamen und seitdem fleißig weiterentwickelt haben) die Basis für die Unha bilden. Nichtsdestotrotz kann das Ganze scheinbar jetzt weitgehend mit eigenen Teilen realisiert werden.

Weitgehend, weil durchaus noch einige ausländische Teile verbaut wurden. Allerdings waren das keine kritischen Raketenteilen sondern eher “Alltagselektronikartikel” die man auch für allerlei anderes nutzen kann (z.B. ein Thermometer). Die Teile kamen aus China und vier Europäischen Ländern, zu denen die Schweiz und Großbritannien gehören sollen. (Upsa!) Aber wie gesagt: Es sind keine kritischen Teile und sie unterliegen deshalb auch keinen Sanktionen. Daher ist erstmal auch nichts gegen den Export nach Nordkorea zu sagen. Dort hat man die Sachen vermutlich im Ausland gekauft, weil der Import billiger ist als der Eigenbau. Da geht man dann ein bisschen flexibler mit Juche um. Die Unha ist also scheinbar sowas wie eine Juche-Rakete-Redux. Fast alleine gebaut. Allerdings wüsste ichtrotzdem mal gerne, aus welchen weiteren europäischen Staaten die Teile kamen. Selbst wenn sie vollkommen legal exportiert wurden, kann man daraus schließlich einige Rückschlüsse darüber ziehen, wo in Europa beschafft wird. Dazu fällt mir dann natürlich ein, dass in der nordkoreanischen Botschaft in Berlin ein Dienstposten stationiert, dessen Aufgabe die Beschaffung für das nordkoreanische Waffenprogramm ist. Und der wird nicht große nur nach illegalen Gütern suchen. Wer weiß, vielleicht steht deutsche Wertarbeit auch in Nordkorea hoch im Kurs. Das wäre doch mal ne potentielle Wirtschaftsbeziehung, wo auch die Leute von SpOn richtig was zu recherchieren hätten.

Bis ich hier angefangen habe zu schreiben habe ich auch nicht wirklich über weitere Implikationen der Story nachgedacht, aber wo ich jetzt gerade so am schreiben dran bin, fällt mir was auf: Soll nicht heute oder morgen eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates erlassen werden und sollen nicht in diesem Zusammenhang die bestehenden Sanktionen nachgezogen werden? Doch, das ist doch so. Da ist es doch passend, wenn vorher noch ein paar dual-use-Güter identifiziert werden, die man unbedingt sanktionieren muss. Z.B. Thermometer. Ok: Die Dinger braucht man jetzt nicht nur zum Raketenbau, sondern auch zum Acker- Backofen- und was weiß ich noch alles -bau. Naja, aber man darf nicht exportieren, was die Nordkoreaner zum Raketenbau brauchen, also Sanktion drüber. Da wäre es doch garnicht mal so abwegig, dass die zeitliche Koinzidenz zwischen der Einigung der USA und Chinas über Sanktionen und dem Erscheinen des Berichts über die Rakete nicht unbedingt ein Zufall war. Vielleicht zielte man damit auf die Verschärfung der Sanktionen und die Listung weiterer dual-use-Güter ab.

Dumm ist nur, wenn man diesen ach so smarten Ansatz weiterdenkt, dürfte man eigentlich garnichts mehr nach Nordkorea exportieren. Warum? Naja, erstmal ganz allgemein: Es darf nichts nach Nordkorea exportiert werden das später als Waffe dienen könnte. Und nach der Logik mit dem Thermometer kann auch so ziemlich alles dual-use-mäßig zur Waffe umfunktioniert werden. sah ich nicht kürzlich mal die Arbeiter und Bauernwehr auf einer Parade ihre Flaks oder was auch immer mit Traktoren ziehen? Die sollte man schonmal sanktionieren. Ach und habe ich nicht kürzlich was von nem Hammermord in Hintertupfing gelesen? Keine Hämmer für Nordkorea. Und ach übrigens. Kann man überhaupt irgendwann sicher sein, dass die Nordkoreaner aufhören diese Raketen zu bauen, solange sie leben? Am besten also eine Nahrungsmittelblockade und den ganzen Laden aushungern. Und schon haben wir mittels smarter Sanktionen ein schweres Problem gelöst. Naja, aber sind ja alles dual-use-Güter…


Einsortiert unter:Aktuelles, Die UN und Nordkorea, Die Welt und Nordkorea, Gesellschaftliches, Nuklearprogramm, Südkorea und Nordkorea, Wirtschaftliches Tagged: dual-use, Nordkorea, Sanktionen, Südkorea, Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, Unha-3

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